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Auspuff 1x1

 

Äpfel und Birnen

An dieser Stelle sollen mal ein paar grundlegende Begrifflichkeiten und Zusammenhänge im Bereich von Tuning und Motorcharakteristiken auf dem Hintergrund von Resonanzauspuffanlagen im Zweitaktbereich erläutert werden. Viele werden sicher nur müde lächeln. Für andere, die noch nicht so sehr mit der Materie vertraut sind, ist das ein oder andere sicherlich ganz interessant…

 

Denn teilweise werden immer wieder Äpfel mit Birnen verglichen.

 

 

Statement 1:  

Ich fahre auf meiner PX 200 einen Pinasco 213 bzw. einen Polini 207, da ich einen Motor mit ordentlich Drehmoment haben möchte!

 

Antwort:

Irgendwie ist der landläufige Begriff „Drehmoment“  ziemlich verwässert. An dieser Stelle wird er zum Beispel für die Aussage verwendet, dass ein Motor seine Leistung angenehm früh abgibt. Dabei ist das Drehmoment lediglich ein Nm-Wert, der pauschal auf KEINERLEI Motorcharakteristik hinweist und auch bei Motoren für Beschleunigungs-  oder Rundkursrennen stets möglichst hoch sein sollte. Denn der Nm-Wert ist ja der beste Indikator für das jew. Potential eines setups. Die Frage ist dabei lediglich, bei welcher Drehzahl dieses Drehmomentmaximum auftritt und wie lange es anhält. Und das ist tendenziell bei einem Pinasco/Polini etwas früher, als bei einem Malossi 210 der Fall.

 

 

 

Statement 2:

Ich fahre einen Polini 207, da er durch seinen relativ kleinen Auslaß und geringe Steuerzeiten ein höheres  Drehmoment liefert, als ein Malossi 210.

 

Antwort:

Das ist in Bezug auf aktuelle Resonanzauspuffanlagen auch nicht korrekt. Hierzu hat sich Claus Bernecker (DSE) mal die Mühe gemacht und einen schönen und anschaulichen Bericht im Technik-Teil der Scooter Classic veröffentlicht.

 

Kurz um – Sofern man andere Faktoren unberührt läßt, STEIGT das Drehmoment bei einer höheren Auslaßzeit ! Natürlich hat das alles Grenzen und ist auch gekoppelt an ein Minimum an Überstromzeit. Bis ca. 194° (bei PX200 Motoren) trifft es auf jeden Fall zu. Man braucht sich ja nur Motoren mit > 30Nm anschauen. Die haben in der Regel alle mind. 190° Auslaßsteuerzeit und sind mit diesem und dem Nm-Wert also WEIT OBERHALB angesiedelt, als ein Polini 207 mit weniger Auslaßsteuerzeit und sonst gleichen Komponenten.

 

 

Statement 3:  

Ich fahre einen Polini 207 bzw. einen Malossi und eine Langhubwelle in Kombination mit einer  Kopfdichtung, da die Leistung möglichst früh einsetzen soll!

 

Antwort:

Das ist in der Vergangenheit zwar eine gängige Praxis gewesen, trifft aber auch nur eingeschränkt zu. Denn Ziel ist es ja nach wie vor, einen möglichst hohen Nm-Wert zu bekommen. Und der ist gekoppelt an eine recht hohe Auslaßzeit (bis ca. 194° bei PX200 Motoren) in Kombination mit einer möglichst exakt dazu passenden Überstromzeit!

 

An dieser Stelle helfen Richtwerte nur bedingt, da die optimale Überstromzeit von allen den Mitteldruck beeinflussenden Faktoren (Hubraum, Hub, Verdichtung, Steuerzeiten, Auslaßgeometrie, Querschnitte, Strömungswiderstände, Membrane, Verdichtung, Zündung … ect.) abhängt und optimalerweise am Prüfstand ermittelt werden sollte.

 

Folglich hat man die beste Performance zusammen mit dem maximalen Nm-Wert mit z.B. einer 1,0 mm Fußdichtung und NICHT mit 0,2 mm Fuß- (originale Malossi-Dichtung) und sonst kompletter Kopfdichtung. Und ausgehend von diesem Zusammenhang beeinflusst man dann die gewünschte Grund-Charakteristik des Motors ausschließlich durch die Wahl der entsprechenden AUSPUFFANLAGE!

 

Am Beispiel von Pipe Design wäre das also vom niedrigen zum höheren Drehzahlniveau die Verwendung von (Rambler 220), Duster 220, Charger 220, Bullet 220 und schließlich Hornet 220. Man kombiniert also für eine möglichst FRÜHE und HOHE Performance (Nm und PS) einen Motor mit großen Querschnitten, recht hohen Auslaßzeit und einer möglichst genau dazu passenden Überstromzeit mit z.B. einen Duster 220. Für genau diese oder noch extremere Varianten (Rambler 220) ist dann auch das geplante ultralange Getriebe gedacht (23/57).

 

Im Endeffekt kann man also einem Motor mit sehr leistungsstarken Komponenten einen absoluten Quartermile-Charakter (Hornet 220), oder eben auch einen brutalen Tourencharakter/Traktorcharakter (Duster 220) verpassen. Zwar sind dem jeweiligen Feintuning eigentlich kaum Grenzen gesetzt, jedoch benötigt man außer der jew. Auspuffanlage eigentlich nur eine geringe Änderung der Zündung und ggfs. eine Anpassung des Vergasers im Volllastbereich (Hauptdüse, Powerjet..).

 

 

 

Statement 4:

Ich möchte eine Auspuffanlage, die ganz unten im Drehzahlband einsetzt, einen maximal möglichen Nm-Wert liefert und gleichzeitig ein breites Drehzahlband produziert wie ein Hornet 220.

 

Antwort:

Das wünschen wir uns alle – ist aber im Zweitaktbereich bei normalen Vespa-Motoren def. NICHT möglich. Und wer als Hersteller etwas anderes behauptet, der bescheißt seine Kunden. Denn über bestimmte physikalische Zusammenhänge kann man sich einfach nicht hinwegsetzen.

 

Um in Richtung so einer Charakteristik zu gehen, müßte man einige  eigentlich statische Faktoren variabel gestalten. Wie z.B. im Viertaktbereich bei BMW eine „valvetronik“ bzw. „doppel-vanos“, also im Bereich der Nockenwelle einen dynamischen Ventilhub einlaß-und auslaßseitig. Oder auf den Zweitaktbereich bezogen eine variable Auslaßsteuerung wie z.B. bei Yamaha (Walze) oder auch ein „Flap-Valve“ von „Andre“ im GSF derzeit.

 

Auch ein sich in der Länge verstellender Auspuff wäre ein Schritt in diese Richtung zusammen mit einer Zündzeitpunktverstellung und/oder einer elektronisch gesteuerten Einpritzung.

 

Es gibt also optimalerweise nur immer gute Kompromisse zwischen maximalen Nm-Wert, Drehzahlbandbreite und Resonanzbeginn im Drehzahlband. Bei einigermaßen vergleichbaren Nm-Werten hat eine Anlage, die spät im Drehzahlband einsetzt (so sie denn gut ist) immer ein breiteres Drehzahlband, als eine die weit unten mit der Leistung einsetzt. Man kann zwar in gewissen Grenzen das Drehzahlband bei früh einsteigenden Anlagen verbreitern, muß aber dafür dann einen viel geringeren Nm-Wert in Kauf nehmen.

 

Noch wieder neue, revolutionärere Auspuffanlagen, die alles können im Vergleich zum momentanen Angebot wird es also eher nicht geben !